Die Sprache der IT-Experte (IT: Informationstechnologie) ist für die meisten Durchschnittsbürger kaum verständlich. Häufig gebrauchen sie Fremdworte deren Bedeutung, auch einem Kenner der Ursprungssprache, verborgen bleibt. Ein sehr bedauerlicher Umstand, denn in unserer durchdigitalisierten Welt sind es gerade IT- Konzepte, die eine enorme Wirkungskraft entfalten. Von der Politik, über das gesellschaftliche Leben, bis in die tiefste Privatsphäre, alles wird heutzutage durch das Internet und seine Möglichkeiten beeinflusst. Doch die Masse der User verbleibt im Unwissen über die Vorgänge und Arbeitsgänge im Hintergrund. Es sollte daher nicht verwundern, dass den meisten Bürgern der Begriff „Net Neutrality“ kaum geläufig ist.

Er bezieht sich auf die äquivalente Priorisierung beim Datentransfer. Eine Erklärung, die selbst erklärt werden muss. Die Kernfunktion des Internets ist die Übertragung von Daten zwischen den einzelnen Beteiligten. Eine Email: Daten kommen vom Absender zum Empfänger. Besuch einer Seite: ein Datentransfer von Server zum User. Der Facebookpost: Daten von Privatpersonen zum Server und von dort weiter zu den kommerziellen Datensammlern. Etc.

Net Neutrality ist der Grundsatz, dass all diese Datenpakete gleich wichtig sind und mit der gleichen Geschwindigkeit versendet werden sollen. Das triviale Katzenphoto wird so schnell übermittelt wie der millionenschwere Geschäftsabschluss und die Website über Verschwörungstheorien der vampirische Echsen-Aliens baut sich so schnell auf, wie die der öffentlich-rechtlichen Medien. Natürlich gibt es trotzdem Unterschiede in der Übertragung, diese werden aber durch die allgemeine technische Qualität des Netzes verursacht. Wer eine alte Verbindung aus den 90ern verwenden muss ist natürlich langsamer als jemand mit Zugang zu einer modernen Glasfaserleitung. Doch diese Einschränkungen gelten für jede Kommunikation, wer einen guten Empfang hat bekommt alle Daten schnell, wer einen schlechten hat langsam.

Momentan ist Netzneutralität noch weitgehend der Standart. In einigen Ländern, wie Chile oder den Niederlanden ist sie sogar gesetzlich vorgeschrieben und auch die EU hat sich für sie ausgesprochen. Allerdings ist sie nicht unumstritten. Es gibt eine wachsende Koalition von Internetprovidern und Anbietern von Streamingdiensten, die eine Änderung des Status Quo durchsetzen möchte. Hauptmotiv ist, wenig verwunderlich, der Profit.

Jede Vergrößerung des Übertragungsvolumens ist eine sehr teure Investition. Gleichzeitig ist eine Steigerung des Verdienstes nur eingeschränkt möglich. Würde die Neutralität fallen, wäre es möglich das Angebot aufzuteilen, in langsame reguläre und schnelle Premium- Anschlüsse. Es würde ein Internet der zwei (bzw. X) Geschwindigkeiten entstehen, ohne das sich die Hardware ändern müsste. Mit dem höheren Gewinnen könnten dann die Unternehmen das Netz weiter modernisieren und mit der Zeit den Preis für den schnellen Anschluss senken während mögliche Fehlentwicklungen durch den freien Markt reguliert würden, soweit die Theorie.

Für Videoportale, wie Netfix, wäre es von Vorteil die eigenen Daten zu Stoßzeiten schneller übertragen zu können. Die Zahlenden könnten dann ihre Filme mit kürzerer Wartezeit und weniger Bildstörungen genießen.

Bei so grandiosen Versprechungen, tut man gut daran skeptisch zu bleiben. Bereits oft wurde eine Preiserhöhung, und das ist ein Premiumangebot, mit besserem Service in der Zukunft begründet. Das Einlösen dieser Versprechen ist eine Seltenheit. Viel wahrscheinlicher ist eine immer schwerer werdende Benachteiligung der ehemals „normalen“ Verbindungen um die restlichen Kunden in die teurere Option zu drängen. Weitere Investitionen ins Netz sind trotzdem zweifelhaft.

Eine weitere Gefahr ist die Diskriminierung von Absendern und Zensur durch die Hintertür. Falls z.B. Netflix bevorzugt übertragen werden soll, müssen andere Angebote benachteiligt werden. Was ist wenn dieser Zustand nicht nur zu Stoßzeiten eintritt, sondern andauert? Wenn die Verbindung zu schlecht wird brechen die meisten Besucher ab und suchen sich andere Angebote. Man könnte ohne offensichtliche Blockade unliebsame Websites „trocken legen“. Ein Ende der Netzneutralität würde eine Gelegenheit zur Zentralisierung und Monopolisierung von Information bieten. Die Vielfalt der Meinungen, die heute im Netz sichtbar ist, würde wieder den kontrollierten Meinung des analogen Zeitalters weichen.

Letztendlich muss jeder selbst entscheiden ob die möglichen Vorteile eines parteiischen Netzes wirklich die negativen Konsequenzen wert sind. Diskutiert werden muss dieses Thema auf jeden Fall.