In den letzten Jahren hat Deutschland bei seinen Absatzmärkten die Nachteile von blindem Vertrauen gespürt. Angesichts der schwindenden Kooperation mit den USA und der sich immer mehr trübenden Beziehungen zu China wird Deutschland umdenken und ein neues Konzept für seine Wirtschaftsbeziehungen finden müssen.

Deutschland und China: Pandemie, Krise und Geopolitik

Die letzten Jahrzehnte waren vom scheinbar unaufhaltsamen Aufstiegs Chinas zu einer neuen Wirtschafts-Supermacht geprägt.

Statt dem großen US-amerikanischen Markt, der der immer wieder durch eigennützige Handelsschranken und willkürliches Verhalten auffiel, betrachtete man immer mehr China als eine taugliche Alternative. So verfügte es über den größten Absatzmarkt der Welt und ermöglichte durch sensationell günstige Produktionskosten, die Auslagerung vieler arbeitsintensiver Vorgänge und Produktionsschritte von Deutschland in das Reich der Mitte.

Nicht nur machten Unternehmen aus Deutschland große Gewinne durch den Handel mit Kunden in China, man profitierte auch am Verkauf von Waren aus China im ganzen Rest der Welt.

„Die Firmen, die Kunden, China, alle waren zufrieden.“

Bis 2019 schien es, als müsse sich Deutschland wirtschaftspolitisch gar nicht mehr anstrengen. Die Globalisierung hatte den Weg für unreflektiertes Outsourcing geebnet und China als perfekten neuen Markt etabliert. Der Handel funktionierte, die Wirtschaft florierte.

Wirtschaftsbeziehungen nach Corona

Doch die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden harten Wirtschaftsschließungen in China brachten Deutschlands Blindheit gegenüber den Schattenseiten des Outsourcings ans Licht. Deutschlands Abhängigkeit von Chinas Absatzmarkt und günstigen Produktionskosten erwies sich plötzlich als gefährlich.

„Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass wir uns auf uns selbst und unsere eigenen Ressourcen besinnen müssen, um langfristig erfolgreich zu sein.“

Den China wurde ein schwierigerer Markt, die Bevölkerung schrumpft und die einstigen BIP-Zuwächse von 8 bis 10 Prozent reduzierten sich weiter; es werden auch immer mehr Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit laut. Zudem verloren die Reformer in China an Einfluss und die neue Regierung betonte wieder das kommunistische Fundament der Volksrepublik.

All diese Faktoren wirkten sich auf Deutschlands Wirtschafts- und Importkraft aus und zeigten, dass eine blinde Abhängigkeit von China langfristig nicht wirklich tragbar ist. Es bedarf einer neuen Strategie, die diversifizierte Wirtschaftsbeziehungen ermöglicht und eine verstärkte Fokussierung auf den heimischen Markt einschließt.

Die chinesische Immobilienkrise

Verschärft wurde diese Situation, durch den Ausbruch einer Immobilienkrise in China. Ohne die wirtschaftlichen Grundsätze zu berücksichtigen, wurde eine gigantische Kreditblase aufgebaut.

„Peking hat eine Blase auf dem Immobilienmarkt zugelassen.“

Fast ein Drittel der chinesischen Wirtschaftsleistung stützt sich allein auf den Immobiliensektor. Dies macht die wirtschaftliche Fallhöhe Chinas mehr als deutlich. Sollten die Kredite platzen, wären eine Ausweitung der Krise unvermeidlich und würde auch viele andere Länder mit in den Abgrund ziehen.

Was bedeutet, dass Deutschland aufpassen muss, um nicht vom Risiko der chinesischen Wirtschaftsentwicklung betroffen zu sein.

Geopolitisches Ungleichgewicht

Inmitten der wirtschaftlichen Herausforderungen für Deutschland und anderen Ländern in der Welt zeichnet sich auch ein geopolitisches Ungleichgewicht ab. Präsident Xi Jinping hat es sich zum Ziel gesetzt, mit der Strategie „China First“ Amerikas Führungsposition in der Weltwirtschaft zu überholen.

Diese Ambitionen stoßen bei Amerika auf erheblichen Widerstand, was sich jetzt schon in Handelsstreitigkeiten und Wirtschaftssanktionen gegen China niederschlägt.

Jedoch hat die Vergangenheit gezeigt, dass Sanktionen allein selten den gewünschten Effekt erzielen. Vielmehr hat China durch diese Schritte eine Allianz mit anderen Schwellenländern wie Russland, Indien, Brasilien und Südafrika geschmiedet, um Amerikas Dominanz zu untergraben. Die Konsequenzen sind, dass China nun günstiger an Energiequellen und Rohstoffe gelangt und sich ein neuer Wirtschaftsraum unter chinesischer Führung entsteht.

Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf die globale Wirtschaft haben werden.

„Deutschland ist zwischen den Fronten gefangen.“

Die Handelskonflikte zwischen den USA und China haben jedoch vor allem für Europa Konsequenzen. Während Amerika aufgrund seines starken Binnenmarkts und seiner Energieunabhängigkeit zukunftsfähig ist, sitzt Europa zwischen den Stühlen. Man hat zu viele Wirtschaftsbeziehungen zu beiden Mächten und kann sich nicht ohne Probleme auf die eine oder andere Seite schlagen.

Wobei klar gesagt werden muss, dass ein unumstößliches Bekenntnis zum Verbündeten in Washington beim genaueren Hinsehen auch keine kluge Wahl ist …

Wirtschaftsbeziehungen USA Buy American

Unser treuer Freund, die USA

Man muss sich bewusst sein, dass Amerika grundsätzlich keine Zugeständnisse aus alter Verbundenheit macht. Die Wirtschafts- und Handelspolitik USA ist wie auch schon in der Vergangenheit ausschließlich von den eigenen Interessen geleitet und wenig geneigt Rücksicht auf etwaige Partner zu nehmen.

„Das neue wie alte Motto lautet: Buy American.“

Die Regierung in Washington machte unmissverständlich klar, dass die Lieferketten für Amerika in Amerika beginnen sollen.

Deutsche Waren, hergestellt in Amerika

Deutsche Unternehmen können zwar in Amerika tätig sein, müssen dafür aber auch in Amerika produzieren. Eine Option für sie, aber ein schwerer Verlust für Deutschland als Wirtschaftsstandort. Insbesondere bei der Energiewende mit ihrem enormen Wachstumspotenzial wollen die USA auf diese Weise profitieren. Speziell der IRA „Inflation Reduction Act“ zielt darauf ab, deutsche Unternehmen mit ihrem Know-how in die USA zu locken.

Mann möchte sich selber reindustrialisieren und scheut sich nicht, dies ausgiebig auf Kosten der offiziell verbündeten und befreundeten Staaten des Westens zu machen; speziell auch auf Kosten von Deutschland.

Versprochen, aber kaum gehalten

Einen besonderen Einblick in das amerikanische Verhalten bietet der allgegenwärtige Krieg um die Ukraine. Zwar gibt es keinen Zweifel an der Unrechtmäßigkeit des Angriffs und Russland ist der allein Schuldige an dem Ausbruch der Kämpfe, doch die USA haben bewusst die Situation entgleiten lassen.

Vor dem Krieg war ein NATO-Beitritt der Ukraine allein schon aus rechtlichen Gründen ein unmögliches Unterfangen. Dennoch äußerte man sich immer wieder in diese Richtung. Gleichzeitig reagierte man abschätzig auf russische Vorwürfe, man würde die Ukraine mit Waffen und Militärtechnologie unterstützen. Verdachtsmomente, dass man einen Vorposten gegen Moskau aufbauen wolle, ließ man einfach stehen.

Als im Februar 2022 der russische Angriff begann, zeigte sich ein erheblicher Mangel an eben diesen Ressourcen. Die Soldaten der Ukraine erzielten die ersten Erfolge vor allem mit alten Sowjet-Waffen; moderne westliche Technologie muss sie sich seit seitdem vom verschiedenen Staaten erbetteln.

„Ein langer Krieg und ein Ausbluten des geopolitischen Rivalen ist im Interesse der USA.“

Es wäre ein leichtes gewesen, in den ersten Kriegsmonaten die eignen Lager zu öffnen und der Ukraine genug Mittel zu geben, um schnelle Erfolge zu erzielen. Doch stattdessen liefert man nur stückweise und lasst anderen Ländern gerne den Vortritt. Das seltsame Gerangel um den Einsatz von Leopard 2 und M1-Abrams Panzern ist ein gutes Beispiel dafür.

Geopolitik, Energie und Industrietransfer: Dreifacher Nutzen aus Europa

Indem man der Ukraine gerade genug Unterstützung zukommen lässt, um ihr das Weiterkämpfen zu ermöglichen, werden Krieg und die begleitenden Sanktionen in die Länge gezogen.

Der geopolitische Gegner Russland ist isoliert und wird nicht nur durch die Kriegsverluste, sondern auch die wirtschaftliche Blockade langsam aber sicher zugrunde gereichtet. Die Kosten zahlen vor allem die Länder, die bis vor kurzem enge Wirtschaftsbeziehungen zu Russland unterhielten; vor allem Deutschland.

„Teure Energie führt zu teuren Produktionskosten.“

Gleichzeitig kann man selber teuer Energie, als Öl und Flüssiggas, nach Europa verkaufen. Was nicht nur zu guten Profiten für die eigenen Energieunternehmen führt, sondern auch dort die Produktionskosten erhöht. Ein weiter Faktor, der einen Wechsel der Produktion in die USA erleichtert.

Man schwächt somit seinen geopolitischen Gegner, lässt andere den Preis dafür zahlen, macht selber Gewinn und erneuert darüber hinaus seine Wirtschaft.

Herausforderungen muss man selber bestehen

Es ist an der Zeit, dass Deutschland eine eigenständige und souveräne Politik verfolgen, die auf die Herausforderungen der globalen Wirtschaft abgestimmt ist. Deutsche Unternehmen können sich zwar frei bewegen, doch Deutschland als Industriestandort und Handelsplatz hat diese Option nicht.

Weder darf man sich ohne Vorsicht und Verstand auf China verlassen, noch darf man sich von den USA benutzen und ausnutzen lassen. Die eignen Wirtschaftsbeziehungen sind in erster Linie den Interessen Deutschlands und seiner Bevölkerung verpflichtet. Denn andere Länder wissen sich schon selber zu helfen.

„Staaten haben keine Freunde, nur Interessen.“

Es darf nicht länger darauf gewartet werden, dass andere Länder uns entgegenkommen oder uns helfen. Wir müssen uns darauf konzentrieren, unsere eigenen wirtschaftlichen Interessen zu schützen und zu fördern, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Nur so können wir sicherstellen, dass wir Wohlstand für alle und nicht nur für Wenige schaffen und eine industriell ernstzunehmende Nation bleiben.