Was wollen beide Seiten? Auf makrostrategischer Ebene ist es relativ einfach. Die Vereinigten Staaten wollen eine NATO im Nahen Osten, und der Iran hat dieses Ziel seit 1979 blockiert. Und der Iran will seit 1979 regionale Souveränität, um seine Revolution im Inland und, wenn möglich, im Ausland zu etablieren. Dies ist der zentrale geopolitische Konflikt zwischen den beiden Staaten, etwas, was das Atomabkommen mit dem Iran nicht lösen konnte.
Seit Großbritannien 1971 den Nahen Osten verlassen hat, haben die Vereinigten Staaten eine neblige, regionale Vision für die arabische und muslimische Welt, die Europa in mancher Hinsicht sehr ähnlich sieht. Unter amerikanischer Ägide würden den Staaten der Region Energie und freier Handel garantieren werden und Streitigkeiten durch, von Amerika entworfene Institutionen, gelöst.
Ein großes Problem für Amerika ist seit 1979 der Iran. Der iranische Staat wird von einer äußerst unabhängigen, weitgehend antiamerikanischen politischen Ideologie zusammengehalten – etwas, das oft als Wilayet-e Faqih oder Statthalterschaft des Rechtsgelehrten bezeichnet wird. Es ist ein Mischmasch aus, durch das persische Erbe genährten, Nationalismus, Antiamerikanismus und schiitischen Islamismus. Diese Weltsichten dabei außerhalb des Iran, von der Hisbollah im Libanon abgesehen keine Anhänger. Während die antiamerikanische Ausrichtung es unmöglich macht, dem Konflikt mit den USA zu entgehen.
Was will der Iran? Die Freiheit, die Islamische Republik Iran zu sein. Der Iran will die Region zu seinen Bedingungen neu ordnen, nicht zu denen anderer. Eine lange Geschichte europäischer und amerikanischer Einmischung nährt ihre Paranoia, aber eine staatliche Abhängigkeit von einer Ideologie, die den Konflikt mit alten Gegnern erfordert, bindet sie auch an einen dauerhaften Zustand der Konfrontation zu den USA, selbst als die amerikanisch-iranischen Beziehungen auf einem Höhepunkt waren – 2015, als sie das Atomabkommen mit dem Iran unterzeichneten – gab es dennoch große Lücken zwischen ihnen, die unweigerlich zu Problemen führen würden, unabhängig davon, ob die USA an dem Abkommen festhielten oder nicht.
In gewisser Weise war also eine Art Eskalation zwischen den USA und dem Iran, die wir jetzt erleben, unvermeidlich: Die USA wollen eine NATO im Nahen Osten, und der Iran kann so etwas niemals akzeptieren. Aber offensichtlich treffen Menschen Entscheidungen. Präsident Trump traf die Entscheidung, das eine große Thema, das die beiden Seiten entschärft hatten – das iranische Atomprogramm – zu nehmen und es wieder in Brand zu setzen, indem er sich aus dem Atomabkommen von 2015 zurückzog. In seiner Weltanschauung sollte die vernichtende Kraft von Sanktionen und die Androhung militärischer Gewalt ausreichen, um den Iran zu zwingen, sich fast vollständig von seinen ideologischen und strategischen Zielen in der Region zu entfernen. Der Iran sieht dies anders und schlägt zurück.
Wie würde ein Sieg für beide Seiten jetzt aussehen?
Beide Seiten eine ziemlich einfache Vorstellung für den Sieg: Trump will Atomgespräche und ein neues Atomabkommen, nachdem er seiner politischen Basis in den USA Stärke gezeigt hat. Er will hart reden, aber einen Krieg vermeiden, denn Krieg ist politisch riskant, besonders im kriegsmüden Amerika. Er würde wahrscheinlich sogar ein Atomabkommen akzeptieren, das dem von Obama sehr ähnlich sieht, solange er dafür von seiner Basis die letzte Anerkennung erhält.
Aber die Iraner scheinen Trump nicht mehr so leicht vom Haken zu lassen. Sie versuchen in gewisser Weise, einen nordkoreanischen Ruf der Abschreckung aufzubauen, indem sie die Energieversorgung durch den Golf von Oman und die Straße von Hormuz bedrohen, oder indem sie die Golfstaaten erschrecken. Sie gehen auch über die Region hinaus: Indem sie ihr Atomprogramm vorantreiben, signalisieren sie der Welt, dass sie bereit sind, eine Atommacht zu werden, wenn Europa, Russland und/oder China die amerikanische Blockade nicht durchbrechen. Sie tun dies, weil sie wissen, dass niemand außer den Amerikanern und Israelis eine militärische Aktion in Betracht ziehen wird.
In der Zwischenzeit versuchen sie, die Situation so zu verändern, dass ein militärischer Angriff diplomatisch dumm und militärisch erschöpfend ist. Sie wollen, dass Amerika und Israel von ihren Verbündeten isoliert werden. Sie wollen ihrer eigenen widerspenstigen Bevölkerung sagen, dass die USA und die Israelis ohne weltweite Unterstützung angreifen und dass die Islamische Republik dem Angriff nicht nur standhalten kann, sondern auch mächtige Verbündete hat. Um es klar zu sagen, die Iraner wollen keinen militärischen Angriff auf ihr Land. Aber sie bereiten sich darauf vor, einem standzuhalten zu können.
Aber die Siegesvorstellungen beider Nationen – basieren auf Fehleinschätzungen. Die USA können den Iran nicht dazu bringen, seine Unabhängigkeit einfach einem ideologischen Feind zu überlassen, geschweige denn einer Nation, deren Wankelmütigkeit sie zu einem problematischen Verhandlungspartner macht. Der Iran kann nicht sicher sein, dass die Vereinigten Staaten nicht ihre volle militärische Macht, gegen ihn entfesseln werden, wie es Saddam für das Vergehen des langjährigen geopolitischen Widerstands passiert ist. Der Iran kann sich auch nicht sicher sein, dass sein eigenes Volk keinen Aufstand gegen die Islamische Republik starten wird, weder unter Sanktionen noch unter militärischem Angriff. Widerspenstige Iraner, welche die Grundsätze des Regimes verachten, sind heute ein Stereotyp.
Bis die ideologischen und strategischen Spannungen zwischen den beiden Staaten gelöst sind – entweder dadurch, dass Amerika seine Ziele der Nahost-NATO aufgibt oder der Iran seine Ideologie ändert – wird dieser langjährige geopolitische Konflikt immer wieder zurückkehren.