Eine Behauptung, die im Wahlkampf immer wieder zu hören ist, kommt von der CDU/CSU:

„Wer die AfD wählt, macht eine konservative Mehrheit unmöglich und bekommt nur noch mehr Grüne Politik!“

Aber stimmt dies wirklich? Müsste man, um eine Regierungsbeteiligung der Grünen verhindern zu können, von der Wahlentscheidung für die AfD Abstand nehmen?

Nun ja, die Behauptung ist gleichzeitig korrekt und falsch.

Rein theoretisch stimmte es natürlich: Würden alle konservativen und rechten Wähler ihr Kreuz bei der Union machen, könnte diese (im Moment) mit einer absoluten Mehrheit eine Ein-Parteien-Regierung stellen. Ganz ohne Grüne oder SPD. Also, ja … das Argument ist immer noch korrekt.

Doch es ist falsch, weil es an der Realität vollkommen vorbeigeht. Im Moment liegt die Union bei ca. 30 % und die AfD bei etwa 20 %. Um also die Linken aus der Regierung und die Brandmauer intakt zu halten, müssten alle AfD Wähler zur CDU/CSU überlaufen. Eine ausgesprochen unwahrscheinliche Entwicklung. Schlimmer noch, durch den Niedergang der FDP ist es durchaus möglich, dass wir ein 4 Parteien Parlament erhalten, indem neben Union und AfD nur noch SPD und Grüne hocken.

Wenn die Union also kein 50 %+ macht, wird sie mit SPD oder Grünen in eine Koalition gehen müssen. Wobei es durch das Wesen der Regierungsbildung und den Charakter der verantwortlichen Politiker gleichgültig ist, wie viel die einzelnen Parteien bei der Wahl geholt haben. Eine Koalition für 1 Stimme würde genauso aussehen wie eine Koalition für 10 %.

Jeder AfD Sympathisant, der sich von der Union überzeugen ließ, hätte damit indirekt die Grünen oder SPD legitimiert. Eine Realität, welche diese sich ohne große Probleme ausrechnen können.

Woher kommt diese Behauptung aber nun? Sie ist ein veraltetes Überbleibsel der vergangenen Mehrheitsverhältnisse, von dem sich die Union nicht trennen möchte.

In der Ära Merkel war die AfD deutlich schwächer und die FDP deutlich stärker. Ob eine Schwarze-Gelbe Koalition möglich war oder nicht, hing häufig nur an ein paar Prozent-Punkten. Wenn diese jedoch an die AfD gingen, musste man selber Schwarz/Rot werden, eine Dreierkoalition schmieden oder sogar komplett in die Opposition gehen.

Aber wir sind nicht mehr in der Ära Merkel und die Union würde sich und den Wählern einen Gefallen tun, wenn sie sich dies eingesteht.